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Hinter allem, was im weltall geschieht, steht Gott durch seine Schakti, doch ist er von seiner Joga-Maja verschleiert und arbeitet in der niederen natur durch das ich des einzelnen.
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Gespräche 1929 28 April 1929 - Die Mutter Es ist gesagt worden, man müsse, um im Joga voranzukommen, dem Göttlichen alles darbringen, bis zur kleinsten Kleinigkeit, die man im Leben hat oder tut. Was bedeutet das genau ?
Joga heißt Einung mit dem Göttlichen, und die Einung geschieht durch Darbringung; sie gründet sich auf die Darbringung eures Wesens an das Göttliche. Zu Beginn bringt ihr dieses Opfer in allgemeiner Weise, gleichsam ein für allemal; ihr sagt: ,,Ich bin ein Diener des Göttlichen; mein Leben ist ganz dem Göttlichen gegeben; all meine Bemühungen zielen auf die Verwirklichung des göttlichen Lebens." Das ist aber nur der erste Schritt, denn er genügt nicht. Wenn eure Entscheidung feststeht, wenn ihr beschlossen habt, dass euer gesamtes Leben dem Göttlichen geweiht sein soll, dann bleibt noch, euch in jedem Augenblick daran zu erinnern und es in allen Einzelheiten eures Daseins auszuführen. Bei jedem Schritt müsst ihr spüren, dass ihr dem Göttlichen gehört; es muss euch zur ständigen Erfahrung werden, dass in allem, was ihr denkt und tut, das göttliche Bewusstsein durch euch wirkt. Künftig habt ihr nichts mehr, was ihr euer eigen nennen könnt; ihr fühlt, dass alle Dinge vom Göttlichen kommen und dass ihr sie ihrem Ursprung zurückgeben müsst. Seid ihr imstande, das zu verstehen und zu erleben, dann hört auch eine Geringfügigkeit, um die ihr euch vorher kaum gekümmert habt, auf, nebensächlich und belanglos zu sein; sie wird voller Sinn und eröffnet euch einen weiten Horizont der Beobachtung und Selbsterforschung. Folgendermaßen müsst ihr es anfangen, um eure allgemeine Hingabe umzusetzen in eine, die sich in allen Einzelheiten bewährt. Lebt dauernd in der Gegenwart des Göttlichen; lebt in dem Gefühl, dass es diese Gegenwart ist, die euch bewegt und in euch alles tut. Bringt all eure Regungen ihr dar, nicht nur alle geistigen Tätigkeiten, jeden Gedanken, jede Empfindung, sondern auch die gewöhnlichsten und äußerlichsten, wie zum Beispiel Essen; wenn ihr esst, müsst ihr fühlen, dass das Göttliche in euch isst. Wenn ihr so alle Regungen in das Eine Leben zu sammeln vermögt, dann nimmt in euch Einheit den Platz der Trennung ein. Ihr habt den Zustand hinter euch, in dem ein Teil eurer Natur dem Göttlichen gegeben ist, während der Rest am Gewohnten festhält und sich weiter mit dem Gewöhnlichen abgibt; euer gesamtes Leben hat eine einzige Richtung eingeschlagen; eine vollständige Umwandlung vollzieht sich allmählich in euch. Im ganzheitlichen Joga muss das ganze Leben bis in die kleinste Einzelheit verwandelt, vergöttlicht werden. Bei diesem Unternehmen gibt es nichts, was unbedeutend oder gleichgültig wäre. Ihr könnt nicht sagen: ,,Wenn ich meditiere, wenn ich Philosophisches lese oder diesen Gesprächen lausche, befinde ich mich in einem Zustand der Sehnsucht nach dem Licht und der Empfänglichkeit dafür; doch wenn ich herauskomme, um spazieren zu gehen oder Freunde zu besuchen, dann darf ich das alles vergessen." Wenn ihr diese Einstellung beibehaltet, werdet ihr euch nie umwandeln und nie die wirkliche Einung haben: ihr werdet immer geteilt bleiben und bestenfalls einen Abglanz des höheren Lebens erhaschen. Ihr könnt vielleicht während eurer Meditation gewisse Erfahrungen, gewisse Verwirklichungen im inneren Bewusstsein erlangen, aber euer Leib und euer Leben bleiben unverändert. Eine innere Erleuchtung, die den Leib und das äußere Leben nicht berücksichtigt, ist von keinem großen Nutzen, denn sie lässt die Welt so, wie sie ist. Das ist bisher immer wieder geschehen. Sogar jene, die eine sehr große und machtvolle Verwirklichung hatten, zogen sich aus der Welt zurück, um ungestört in innerer Ruhe und innerem Frieden zu leben; die Welt blieb sich selbst überlassen, und unangefochten behielten Elend, Dummheit, Tod und Unwissenheit ihre Herrschaft über die stoffliche Daseinsebene. Für die, die sich derart zurückziehen, mag es sehr angenehm sein, dem Sturm zu entrinnen, der Schwierigkeit den Rücken zu kehren und anderswo für sich selbst einen Zustand der Glückseligkeit zu finden. Das Leben und die Welt aber lassen sie unverändert, und ihr Leib ist unverbesserlicher denn je. Wenn sie in die Welt zurückkommen, sind sie da im allgemeinen noch schlimmer dran als gewöhnliche Leute, denn sie haben die Herrschaft über stoffliche Dinge verloren, und ihre Handlungsweise im Leben läuft Gefahr, verworren und machtlos der Willkür jeder beliebigen Kraft ausgeliefert zu sein. Ein solches Ideal mag gut sein für solche, die es wünschen, aber unser Joga ist das nicht. Denn wir wollen die göttliche Eroberung dieser Welt und all ihrer Regungen, die Verwirklichung des Göttlichen hier auf der Erde. Wollen wir aber, dass das Göttliche hier herrscht, so müssen wir ihm alles geben, was wir haben, alles, was wir sind, alles, was wir tun. Es ist nicht damit getan, gewisse Dinge für belanglos zu halten und zu meinen, das äußere Leben mit seinen Notwendigkeiten habe nicht teil am Göttlichen Leben. Wenn wir so dächten, würden wir uns nicht bewegen, alles bliebe immer beim alten, es gäbe keine Eroberung der stofflichen Welt, und nichts Dauerhaftes könnte getan werden. Kommen solche, die sehr fortgeschritten sind, auf die physische Ebene zurück ? Ja. Wenn in ihnen der Wille ist, diese Welt zu ändern, dann kommen sie um so sicherer zurück, je weiter sie fortgeschritten sind. Sogar jene, die ihr entfliehen wollen, werden vielleicht finden, wenn sie auf der andern Seite ankommen, dass sie am Ende nicht viel erreicht haben mit ihrer Flucht. Erinnern sich viele, dass sie auf die andere Seite gegangen und wieder zurückgekommen sind ? Man erinnert sich, wenn man einen gewissen Bewusstseinszustand erlangt hat. Es ist nicht sehr schwierig, diesen teilweise zu berühren, für einen kurzen Augenblick; in der Meditation, im Traum, in einer Schauung kann man spüren, dass man in einem früheren Leben schon einmal Ähnliches erlebt, diese oder jene Wahrheit erfahren hat. Doch ist dies keine vollständige Verwirklichung; um die zu bekommen, muss man innerlich das immerwährende Bewusstsein erlangt haben, das immer gewesen ist und immer sein wird und das all unser vergangenes, gegenwärtiges und zukünftiges Dasein verbindet. Warum vergessen wir manchmal das Göttliche oder verlieren den Kontakt mit ihm, wenn wir mit intellektuellen Dingen beschäftigt sind ? Weil euer Bewusstsein noch geteilt ist. Das Göttliche wohnt noch nicht in eurem Geist; ihr seid noch nicht völlig dem göttlichen Leben geweiht. Sonst könntet ihr euch mit solchen Dingen so viel beschäftigen, wie ihr wollt, ohne dass eure Wahrnehmung des Göttlichen, dass euch hilft und stützt, beeinträchtigt würde. Bei all euren Betätigungen, intellektuellen und anderen, sollte es eurer Wahlspruch sein: ,,Sich erinnern und darbringen." Was immer ihr unternehmt, tut es als Darbringung ans Göttliche. Das ist eine ausgezeichnete Disziplin für euch und wird euch von vielen dummen und unnützen Dingen abhalten. Oft gelingt das zu Beginn einer Tätigkeit; in dem Maße aber, wie man sich darein vertieft, vergisst man. Was soll man tun, damit man sich erinnert ? Der zu erstrebende Zustand, die wirkliche Errungenschaft des Joga, die endgültige Vollendung und Erfüllung, auf die alles übrige nur vorbereitet, ist ein Bewusstsein, dem es unmöglich ist, irgend etwas ohne das Göttliche zu tun; denn ohne dieses verschwindet die eigentliche Ursache eures Tuns; Wissen, Macht, alles ist weg. Doch solange ihr die Kräfte, die ihr benutzt, für die euren haltet, vermisst ihr die göttliche Unterstützung nicht. Am Anfang des Joga neigt man dazu, das Göttliche oft zu vergessen. Doch beständige Sehnsucht stärkt das Erinnern und mindert das Vergessen. Nicht mit strenger Disziplin oder aus Pflicht sollte diese Sehnsucht aufrechterhalten werden, sondern durch eine Regung voller Liebe und Freude. So wird sehr bald ein Zustand erreicht, wo man sich einsam, traurig und elend fühlt, wenn man nicht in jedem Augenblick und bei allem, was man tut, der Gegenwart des Göttlichen bewusst ist. Wann immer ihr bemerkt, dass ihr etwas tun könnt, ohne die Gegenwart des Göttlichen zu empfinden und es euch dabei sehr wohl ist, dann müsst ihr einsehen, dass ihr in jenem Teil eures Wesens nicht hingegeben seid. Auf diese Weise lebt der gewöhnliche Mensch, der keineswegs das Gefühl hat, das Göttliche zu benötigen; beim Sucher nach dem göttlichen Leben aber kann das nicht so sein. Und habt ihr die völlige Einheit mit dem Göttlichen verwirklicht, und zöge es sich dann auch nur für eine Sekunde zurück, so würdet ihr ganz einfach tot umfallen; denn das Göttliche ist das Leben eures Lebens geworden, euer gesamtes Sein, euer einziger und vollständiger Unterhalt. Ist das Göttliche nicht da, so bleibt nichts. Ist es für einen Sadhak auf den Anfangsstufen des Joga gut, gewöhnliche Bücher zu lesen ? Ihr könnt heilige Bücher lesen und dennoch dem Göttlichen sehr fern stehen, und ihr könnt die dümmsten sogenannt literarischen Erzeugnisse lesen und dabei mit dem Göttlichen in Fühlung sein. Es ist nicht möglich, sich von den Regungen des umgewandelten Bewusstseins eine Vorstellung zu machen, bevor man die Umwandlung gekostet hat. Es gibt einen Bewusstseinszustand der Einheit mit dem Göttlichen, in dem man alles genießen kann, was man liest, auch was man beobachtet, sogar das banalste Buch oder die uninteressantesten Dinge. Man kann erbärmliche Musik hören — solche, vor der man gemeinhin davonlaufen möchte — und dennoch Gefallen daran finden, zwar nicht an der äußeren Form, aber an dem, was dahinter ist. Man verliert nicht die Unterscheidung zwischen guter und schlechter Musik, sondern steigt sowohl über die eine wie die andere hinaus, um das zu erreichen, was sie ausdrückt. Denn es gibt nichts auf dieser Welt, was nicht im Göttlichen seine letzte Stütze und Wahrheit hätte. Und wenn ihr nicht bei der physischen, moralischen oder ästhetischen Erscheinung haltmacht, sondern darüber hinausgeht und mit dem Spirt in Beziehung tretet, mit der göttlichen Seele in den Dingen, dann könnt ihr sogar durch das, was dies gewöhnliche Empfinden verletzt und ihm hässlich, armselig, schmerzhaft oder misstönend erscheint, zur Schönheit und Glückseligkeit gelangen. Ließe sich als Rechtfertigung der Vergangenheit von jemandem sagen, dass alles, was in seinem Leben geschehen ist, eben geschehen musste ? Offenbar hatte zu geschehen, was geschehen ist; es hätte nicht sein können, wenn es nicht hätte sein sollen. Sogar die Fehler, die wir begangen haben und die Missgeschicke, die uns zugestoßen sind, hatten zu sein; denn in ihnen war irgendetwas für unser Leben Nötiges, Nützliches. Tatsächlich aber können und sollen solche Dinge nicht mit dem Verstand erklärt werden. Denn alles, was geschieht, ist notwendig, nicht aus irgendwelchen verstandesmäßigen Gründen, sondern um uns über alles hinauszuführen, was der Verstand sich vorstellen kann. Bedarf es denn überhaupt einer Erklärung ? Das ganze Weltall erklärt alles in jedem Augenblick, und dies oder jenes geschieht, weil das Weltall in seiner Gesamtheit ist, was es ist. Das bedeutet nicht, dass wir in blindem Erdulden an unerbittliche Naturgesetze gebunden sind. Ihr könnt die Vergangenheit als Tatsache hinnehmen und ihren Nutzen erkennen, euch aber der gewonnenen Erfahrung bedienen, um in euch das bewusste Vermögen aufzubauen, mit dem sich eure Gegenwart und eure Zukunft lenken und gestalten lässt. Ist auch der Zeitpunkt von Ereignissen im großen Plan des Göttlichen festgelegt ? Das kommt auf die Ebene an, von der man spricht und in der man sieht. Es gibt eine Ebene göttlichen Bewusstseins, wo alles unbedingt bekannt ist und wo der Plan der Dinge in seiner Gesamtheit vorausgesehen und vorherbestimmt ist. Diese Sichtweise eignet den obersten Gipfeln des Übergeistes, es ist die Schau des Höchsten. Haben wir aber dies Bewusstsein nicht, so hat es keinen Sinn, uns in Begriffen auszudrücken, die für jene Ebene gelten, doch unserer Art zu sehen und zu verstehen nicht entsprechen. Denn auf einer tieferen Bewusstseinsstufe ist nichts im voraus festgelegt und verwirklicht, alles ist im Entstehen begriffen. Hier gibt es keine vorherbestimmten Tatsachen, sondern nur das Spiel von Möglichkeiten; dem Zusammenstoß dieser Möglichkeiten entspringt, was geschehen muss. Auf dieser Ebene können wir wählen und auslösen; wir können eine Möglichkeit ausschlagen und eine andere annehmen, einem Weg folgen und von einem anderen uns abkehren. Und das können wir, auch wenn das tatsächliche Geschehen auf einer höheren Ebene vorhergesehen und prädestiniert war. Das höchste Bewusstsein weiß alles im voraus, weil alles in seiner Ewigkeit besteht. Aber um seines Spieles willen und um auf der physischen Ebene auszuführen, was in seinem höchsten Selbst angeordnet ist, bewegt es sich hier auf Erden, als kennte es die ganze Geschichte nicht; es webt wie mit einem neuen, noch unversuchten Faden. Durch dieses scheinbare Vergessen seines eigenen Vorherwissens gibt das höchste Bewusstsein dem Einzelwesen im tätigen Leben der Welt das Gefühl von Freiheit, Unabhängigkeit und Initiative. Dieser Dinge bedient es sich als seiner Mittel und Verfahren, durch welche die anderswo vorhergesehenen und festgesetzten Bewegungen und Umstände hienieden verwirklicht werden. Am Beispiel des Schauspielers wird euch dies verständlich. Er kennt seine ganze Rolle: im Gedächtnis hat er die gesamte Handlung des Stücks. Doch wenn er auf der Bühne steht, darf er sich das nicht anmerken lassen; er muss empfinden und spielen, als erlebte er das alles zum erstenmal, als wäre es eine völlig neue Welt mit all ihren Zufällen und Umständen und Überraschungen, die sich vor seinen Augen entfaltet. Gibt es also keine wirkliche Freiheit ? Ist alles, auch unsere Freiheit, ganz und gar festgelegt ? Wäre denn Fatalismus die höchste Weisheit ? Freiheit und Schicksal, freier Wille und Vorherbestimmung sind Wahrheiten, die verschiedenen Bewusstseinszuständen angehören. Doch geistige Unwissenheit bringt beide auf dieselbe Ebene und stellt die eine der anderen entgegen. Bewusstsein ist nicht simple, gleichförmige Wirklichkeit, sondern vielfältig: es ist keine glatte Fläche, sondern hat viele Dimensionen. Oben auf der Treppe ist der Höchste, unten die Materie, und dazwischen befindet sich eine unendliche Abstufung von Bewusstseinsebenen. Im Bereich der Materie und auf der Stufe des gewöhnlichen Bewusstseins seid ihr an Händen und Füßen gefesselt. Ihr seid dem Getriebe der Natur ausgeliefert, an die Kette des Karma gebunden, und in jener Kette ist alles, was geschieht, unerbittlich die Folge des vorher Getanen. Zwar gibt es eine eingebildete Bewegungsfreiheit, doch in Wirklichkeit wiederholt ihr nur, was andere tun, ihr gebt bloß die weltumfassenden Regungen der Natur wieder, dreht euch ohnmächtig mit auf dem erdrückenden Rad ihrer kosmischen Maschine. Das braucht aber nicht so zu sein. Ihr könnt euren Platz wechseln, wenn ihr wollt; statt unten zu bleiben, von ihrer Mechanei erdrückt oder wie eine Marionette bewegt, könnt ihr höhersteigen und alles von oben betrachten; und indem ihr euer Bewusstsein wandelt, könnt ihr auch einen Hebel zu fassen kriegen, um auf scheinbar unausweichliche Umstände einzuwirken und festgelegte Bedingungen zu verändern. Seid ihr einmal aus dem Wirbel heraus und steht hoch darüber, dann werdet ihr inne, dass ihr frei seid, frei von allem Zwang; nicht nur seid ihr kein passives Gerät mehr, sondern ihr werdet eine aktive, wirksame Macht; nicht nur seid ihr nicht mehr an die Folgen eures Tuns gebunden, sondern ihr könnt diese Folgen sogar ändern. Habt ihr einmal das Spiel der Kräfte überblickt, erhebt ihr euch einmal bis auf die Bewusstseinsebene, wo sich die Ursprünge dieser Kräfte befinden, und vereint ihr euch mit diesen dynamischen Quellen, dann gehört ihr nicht mehr zu dem, was bewegt wird, sondern zu dem, was bewegt. Das ist ja gerade das Ziel des Joga: aus dem Kreislauf des Karma heraus in die göttliche Bewegung einzutreten. Durch Joga entwächst man der mechanischen Runde der Natur, in der man ein unwissender Sklave ist, ein armseliges und unvermögendes Gerät, und steigt auf eine andere Ebene, wo man ein bewusster Teilnehmer und dynamischer Mitarbeiter an der Errichtung eines höheren Geschicks wird. Dieser Bewusstseinsvorgang vollzieht sich in doppelter Weise. Zunächst kommt ein Aufstieg; man hebt sich über das materielle Bewusstsein hinaus, höheren Bereichen zu. Doch diesem Aufstieg des Unteren zum Oberen antwortet ein Herabkommen des Oberen in das Untere. Wenn man über die Erde hinaussteigt, bewirkt man auch, dass etwas zu ihr herabsteigt von dem, was darüber ist, ein Licht, eine Kraft, die auf die Wandlung ihrer alten Natur hinwirkt. Diese Dinge, die in uns geschieden, zusammenhanglos und unvereinbar waren — Höheres und Niederes, innere und äußere Schichten unseres Wesens und Bewusstseins —, treffen einander, fügen sich allmählich zusammen und verschmelzen schließlich zu einer einzigen Wahrheit und Harmonie. Auf diese Weise geschehen auch die sogenannten Wunder. Die Welt besteht aus unzähligen Bewusstseinsebenen, und jede hat ihre besonderen Gesetze: die der einen Ebene gelten auf einer anderen nicht; ein Wunder ist nichts anderes als eine jähe Herabkunft, ein Einbruch eines anderen Bewusstseins und seiner Kräfte, meistens vitaler, in die stoffliche Ebene. Der Mechanismus einer höheren Ebene wird in den stofflichen Mechanismus hineingestoßen. Es ist, als durchdringe plötzlich ein Blitz das Gewölk unsres gewöhnlichen Bewusstseins und brächte andere Kräfte, andere Bewegungen, andere Verkettungen mit sich. Das Ergebnis nennen wir ein Wunder, weil wir eine plötzliche Veränderung, einen jähen Umsturz der Naturgesetze unsres gewohnten Bereichs feststellen, ohne deren Ursache und Ablauf zu erkennen; denn der Ursprung des Wunders befindet sich auf einer anderen Ebene. Solche Einbrüche aus jenseitigen Welten in unsere stoffliche sind nicht selten; das kommt sogar sehr oft vor, und wenn wir Augen haben und zu beobachten wissen, können wir eine Fülle von Wundern erblicken. Besonders regelmäßig ereignen sie sich im Leben jener, die bestrebt sind, höhere Sphären in unsere irdische herabzubringen. Hat die Schöpfung ein bestimmtes Ziel ? Entwickelt sie sich auf einen Endpunkt ? Nein, das Universum ist eine sich unaufhörlich entfaltende Bewegung. Es gibt nichts, was man als Endziel betrachten könnte. Doch um der Erfordernisse des Handelns willen müssen wir die an sich endlose Bewegung unterteilen und uns dies oder jenes als Ziel setzen, denn beim Handeln müssen wir uns auf irgend etwas ausrichten können. Um ein Bild zu malen, haben wir einen bestimmten Kompositionsplan nötig; Grenzen sind zu setzen und alles muss in einen entsprechenden Rahmen passen; doch sind die Grenzen illusorisch, der Rahmen nur eine Konvention. Das Bild erstreckt sich immer weiter, über jeden bestimmten Rahmen hinaus, und jeder Teil könnte seinerseits wieder in eine endlose Reihe von Rahmen gefasst werden. Wir sagen zwar, dies oder das sei unser Ziel, aber wir wissen, dass es nur der Anfang eines anderen Ziels ist, das wiederum zu einem anderen führt, und so fort: die Reihe entwickelt sich immer weiter und hört nie auf.
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